DAV

Naturschutz Rechtliches

Rechtliche Stellung des Kletterns

Klettern ist Erholung
Klettern gehört in der Bundesrepublik Deutschland zur Erholung. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz BNatSchG und insbesondere der Begründung des Gesetzes braucht man daher für das Klettern keine besondere Erlaubnis. Es ist dem Wandern gleichgestellt, ist sozusagen "Wandern auf vier Pfoten".


Klettern gehört zum Betretensrecht
Da die Felsen rechtlich Bestandteil des Waldes bzw. der Landschaft sind, ist in den meisten Bundesländern das Betreten der Felsen durch die Waldgesetze geregelt, in Niedersachsen durch das Niedersächsische Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung NWaldLG. Hier finden sich auch Ausnahmetatbestände, die das Betreten bei Gefahr, z.B. Waldbrand einschränken können.

Klettern und Haftung
Nach dem NWaldLG geschieht das Betreten auf eigene Gefahr. Der Gesetzgeber spricht von "waldtypischen Gefahren", die beim Betreten hinzunehmen sind. Niemend kann haftbar gemacht werden, wenn er zum Beispiel wegen eines abbrechenden Felsteils einen Schaden erleidet, sei es beim Wandern, sei es beim Klettern. Gleiches gilt auch für die angebrachten Sicherungen, also Schlingen, Klemmkeile, Schlaghaken, Bohrhaken. Auch hier haftet der Benutzer selbst und kann bei einem Unfall niemanden für seinen Schaden in Haftung nehmen. Diese Aussage des Gesetzes wurde in Österreich im Rahmen eines Verfahrens wegen eines ausgebrochenen Hakens mit Todesfolge höchstrichterlich bestätigt. In Deutschland gab es bislang glücklicherweise keinen vergleichbaren Fall, allerdings ist das österreichische Recht dem deutschen in dieser Frage vergleichbar.

Klettern und Naturschutz
Der Naturschutz ist in Deutschland und auch in Niedersachsen einer der Ziele der Verfassung. Das Bundesnaturschutzgesetz und die Ausführungsgesetze der Bundesländer regeln, wie der Naturschutz umgesetzt wird.

Biotopschutz
Naturfelsen stehen als besondere und seltene Lebensräume von Tieren und Pflanzen wie andere Biotope auch unter sogenanntem Biotopschutz, ihre Zerstörung oder Beschädigung ist automatisch per Gesetz verboten. Geringe Beeinträchtigungen durch Erholungsnutzungen, und dazu gehört Klettern, sind allerdings hinzunehmen. Klettern ist nach dem Biotopschutz also nicht automatisch verboten. Die bestehenden Kletterfelsen, die allesamt unter Biotopschutz stehen beweisen, das Klettern und Natzurschutz sich nicht ausschließen müssen.

FFH-Recht
Die EU hat zum Schutz der Natur 1991 die Flora-Fauna-Habitat Richtlinie erlassen. Die FFH-Richtlinie hat die Einrichtung eines Netzes von Schutzgebieten (das Natura2000 Netz) in den Mitgliedsstaaten zum Ziel, das Tieren und Pflanzen ausreichend Lebensraum bietet, so das sich ihr Bestand nicht weiter verringert und sich wieder erholen kann. Die Mitgliedsstaaten haben in der Folge geeignete Gebiete nach Brüssel gemeldet, die derzeit unter nationalen Schutz gestellt werden. In Deutschland werden diese Gebiete als Naturschutzgebiete oder Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen, teilweise auch vorhandene Schutzgebiete nach FFH-Standards überarbeitet. Niedersachsen hat sich mit den Landkreisen, die für die Umsetzung des Naturschutzes zuständig sind, geeinigt diesen Prozess 2018 abzuschließen, weshalb die Behörden die Verfahren derzeit unter sehr großen Zeitdruck abarbeiten.
FFH-Recht und Klettern schließen sich nicht aus, solange sichergestellt werden kann, das der Lebensraum Fels für Tiere und Pflanzen sich dadurch nicht verschlechtert. Dieser Nachweis muss im Einzelfall durch Gutachten erbracht werden.

Abwägung und Ermessensspielraum
Da sowohl Naturschutz als auch Erholung Staatsziele sind, müssen die Landkreise bei der Umsetzung des Naturschutzes die Interessen beider gegeneinander abwägen, wobei der Naturschutz nur dann Vorrang hat, wenn eine Verschlechterung der Lebensraumtypen zu befürchten ist. Die getroffenen Schutzmaßnahmen müssen nach Verwaltungsvorgaben die mildesten zur Verfügung stehenden und dem Ziel angemessen sein, damit das Recht auf Erholung nicht übermäßig eingeschränkt wird. Dabei hat die Behörde natürlich einen gewissen Planungs- und Ermessensspielraum, aber auch die Pflicht zur Verhältnismäßigkeit.

Monitoring und Gebietsbetreuung
Ob die Schutzmaßnahmen zur Zielerreichung ausreichend und zielführend sind, wird in regelmäßigen Monitorings der Schutzgebiete überprüft. Dafür werden in Managementplänen für alle Teilflächen und Lebensraumtypen Maßnahmen getroffen und vor Ort umgesetzt.
Bei der Umsetzung der Schutzmaßnahmen sind die Kletterverbände wichtige Partner des Naturschutzes. Die Gebietsbetreuung von DAV und IG Klettern beinhaltet die Besucherlenkung durch Schilder und Instandhalten der Wege, Schutz von Vegetationszonen durch Feinzonierung der Felsen, Schutz von sensibler Vegetation auf Felsköpfen durch Umlenkhaken, Schutz von Greifvogelbrutplätzen durch temporäre Absperrungen und die Kommunikation getroffener Regelungen über Internet, Kletterführer und im persönlichen Gespräch mit anderen Besuchern "unserer" Felsgebiete. Durch diese Arbeit entlasten wir die Behörden und den ehrenamtlichen Naturschutz und erhalten sowohl die Natur als auch unsere Sportstätten.

Eine Zusammenfassung der rechtlichen Rahmensetzungen zum Klettern und der Position des DAV findet ihr hier:
2010 DAV Leitfaden Recht zum Klettern in der Natur (pdf)


Mountainbiken und Betretensrecht in Niedersachsen

Grundsätzlich darf in Niedersachsen der Wald und die freie Landschaft mit dem Rad (ohne Motorkraft) auf allen Wegen befahren werden, jedoch nicht abseits von Wegen. Ausgenommen sind kommerzielle- und Großveranstaltungen wie Rennen, die der Genehmigung des Grundeigentümers bedürfen. Ein Anspruch auf Schadensersatz kann im Falle des Unfalles an Dritte aber nicht gestellt werden.
Näheres regelt das NWaldG (Niedersächsisches Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung):

§ 23 Recht zum Betreten
(1) 1. Jeder Mensch darf die freie Landschaft (§ 2 Abs. 1) betreten und sich dort erholen.
2. Dieses Recht findet seine Grenze in einer für die Grundbesitzenden unzumutbaren Nutzung, insbesondere durch öffentliche Veranstaltungen oder eine gewerbsmäßige Nutzung.
(3) Betreten im Sinne dieses Gesetzes ist das Begehen, das Fahren in den Fällen des § 25 Abs. 1 und das Reiten.

§ 25 Fahren
(1) Das Fahren mit Fahrrädern ohne Motorkraft und mit Krankenfahrstühlen mit Motorkraft ist auf tatsächlich öffentlichen Wegen gestattet. Tatsächlich öffentliche Wege sind private Straßen und Wege, die mit Zustimmung oder Duldung der Grundeigentümerin, des Grundeigentümers oder der sonstigen berechtigten Person tatsächlich für den öffentlichen Verkehr genutzt werden, dazu gehören Wanderwege, Radwege, Fahrwege (Absatz 2 Satz 2), Reitwege und Freizeitwege (§ 37).“

Zur Definition von Wegen steht in der Begründung zum Waldgesetz: „Zu § 2. Zu den Absätzen 1 und 2 Nr. 1: (…) Wie schon nach Nr. 1.4des RdErl. des ML vom 26. März 1982 (Nds. MBl. S. 305) gehören zu den tatsächlich öffentlichen Wegen im Sinne des Gesetzentwurfs nicht Fuß- und Pirschpfade, Holzrückelinien, Gestelle/Abteilungslinien, Grabenränder, Feld- und Wiesenraine und durch Skiloipen verursachte Spuren nach Wegtauen des Schnees.“
Wege müssen nicht beschildert, aber mindestens deutlich erkennbar sein. Nach der Duden-Definition ist ein Weg "ein freier schmaler Streifen, auf dem man gehen oder fahren kann und der durch ein Gelände führt." Damit ist die Abgrenzung zwischen Weg und Pfad rechtlich nicht eindeutig. 

Massenveranstaltungen wie Radrennen bedürfen der Genehmigung des Grundeigentümer (Landesforsten oder privat): Hierzu aus der Begründung des Gesetzes: „Zu § 23 Zu Absatz 1: Nicht vom Erholungszweck gedeckt und daher nicht zum Betretensrecht gehören Massenveranstaltungen wie z. B. Fahrradrennen und Rallyes. (…).“

§ 30 Haftung
Das Betreten und Befahren der freien Landschaft und des Waldes auf Wegen geschieht zu jeder Tages- und Nachtzeit grundsätzlich auf eigene Gefahr.

§ 31 Sperrungen
Der Grundeigentümer hat die Möglichkeit, Flächen und Wege aus Gründen der Gefahrenabwehr oder wegen erheblicher Beeinträchtigung seiner Interessen, der Forstwirtschaft oder der Natur für längstens zwei Wochen zu sperren. Weitergehende Sperrungen müssen beim zuständigen Landkreis (Waldbehörde, zumeist identisch mit der Unteren Naturschutzbehörde) beantragt werden. Die Behörde prüft das Vorliegen der genannten Sperrungsgründe.

Euer Referat Bergssport und Naturschutz



Gesetze aus Bund und Land:
2009 Bundesnaturschutzgesetz (pdf)
2011 Verfassung Niedersachsen (pdf)
2011 Niedersächsisches Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung (pdf)
2011 Niedersächsisches Jagdgesetz (pdf)
2011 Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz (pdf)

Stellungnahmen des DAV zu Naturschutzverordnungen:
2017-07 DAV-LV Nord Stellungnahme LSGVO Reinhäuser Wald