DAV

18.11.2017 [Felskader]

USA-Trip

Das Ziel unserer ersten Reise in die USA war es, die klassischen Gebiete kennenzulernen und jene Orte zu besuchen, in denen Geschichte geschrieben wurde.
Wir waren eine bunt zusammengewürfelte Truppe.
Die erste im Bunde ist Laura, meine Zwillingsschwester. Sie klettert praktisch nie, wird aber auch nie schlechter und wenn sie mal in die pinken Slipper schlüpft, sieht’s echt geschmeidig aus!
Marius ist ein ambitionierter Sportkletterer, dessen Hauptmotivation das Sammeln neuer Erfahrungen war. Gab es Fragen bezüglich Flora und Fauna, lieferte er die passende Antwort. Es war ihm somit gegönnt, dass er der Einzige war, der eine Klapperschlange zu Gesicht bekommen durfte.
Lars ist ein Fotograf aus Bayreuth und ist ganz spontan für eine Woche dazu gekommen, was fast schief gegangen wäre, da sein Reisepass eine lose Seite aufwies.
Zu guter letzt bin da noch ich, Lena. Meine größte Angst galt dem Ungeziefer, denn ich dachte mir schon, dass ich auf unserem Trip wohl den Großteil vorsteigen muss, denn unsere Hauptspielart in den folgenden drei Wochen sollte das Tradklettern sein, das wir recht sporadisch genau zweimal vorher im Fichtelgebirge geübt hatten.

Dementsprechend groß waren die Gesichter am ersten Klettertag in Lake Tahoe – kein einziger Haken, kaum ein Umlenker! Das war der Moment wo ich schon das erste Mal hätte heulen können. Aber mühsam ernährt sich das Eichhörnchen und wir nahmen die Herausforderung an: An guten Tagen haben wir ganze 3 Routen geschafft, die meine Schwester im Anschluss immer lockerflockig nachgestiegen ist.

Mit gewachsenem Selbstbewusstsein und mehr Gefühl dafür, wie man denn diese Friends in die Risse steckt, steuerten wir den zweiten Stopp unserer Reise an: Die Tuolumnee Meadows und das Yosemite Valley. Hier hatten wir etwas Pech mit dem Wetter: Die Rauchschwaden frischer Waldbrände versperrten uns lange zeit den Blick auf den El Capitan und den Half Dome. Somit verbrachten wir die meiste Zeit damit, die klassischen Single-Pitch Risse in den Meadows und am bekannten Cookie-Cliff im Yosemite abzuhaken.
Diese Erfahrungen erwiesen sich als sehr wertvoll und bereichernd. Denn je mehr wir uns mit der Materie des Trad- und Risskletterns befassten, desto mehr traten die Schwierigkeitsgrade und der reine Leistungsgedanke in den Hintergrund. Stattdessen lernten wir neue Facetten des Selbstvertrauens und des bewussten Kletterns kennen, die sicher dazu beitrugen, dass der letzte Stopp unseres Trips zum schönsten Teil des Urlaubs wurde.
Hier konnten wir alle Skills, die wir uns in den vergangenen zwei Wochen hart erarbeitet haben, an die Wand bringen, umgeben von einer der schönsten Landschaften die wir je gesehen haben und dessen Schönheit und Einzigartigkeit auf Bildern kaum einzufangen ist:
Der bekannte Nationalpark Joshua Tree.

Wir reisten an mit einer langen Liste von To-Do-Touren, die ich von Ralf bekommen habe.
Schnell war uns jedoch klar, dass der Zeitraum deutlich zu kurz war, um all diese Kletterrouten und Boulder zu probieren.
Also suchten wir uns die beeindrucktesten Linien heraus und verbrachten die meiste Zeit an einem sehr ausgesetzten Felsen, von dem aus man unendlich weit in den Nationalpark blicken konnte.
Viel Relief hatten der Fels nicht zu bieten, lediglich eine feine Rissspur, wo der 25m hohe Fels vor vielen Jahren gespalten wurde. In meinen Augen war die Linie perfekt und die Entschlossenheit war groß, den noch übriggebliebenen Schiss und Respekt zu überwinden um ein erstes cleanes „Miniprojekt“ zu eröffnen. Dementsprechend groß war die Freude am nächsten Tag, als ich mich am „Umlenker*“ des EQUINOX, einem Mega-Klassiker von John Bachar und Tony Yaniro (1981) wiederfand. Die größte Freude galt jedoch dem Fortschritt, den wir alle während unserer Zeit in den USA gemacht haben, dass wir eine neue Facette des Kletterns kennenlernten, dass wir uns die Schritte selbst erarbeiteten und natürlich dass keiner bei drauf gegangen ist!

Da unsere To-Do-List noch kilometerlang ist, ist es bloß noch eine Frage der Zeit, bis wir wieder bei einer Tasse schlechtem Filterkaffee in Joshua sitzen, Cinnamon-Rolls verspeisen und uns überlegen, welche Route wir als nächstes projektieren!

Alle Bilder: Lars Scharl